Veranstaltungen

19. Juni 2018 19 Uhr RWTH Aachen Vortrag

Dr. Christian Wagner-Ahlfs (BUKO Pharma-Kampagne)

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7. Juni 2017 18 Uhr Universität Köln: Podiumsdiskussion

Vortragende: Prof. Dr. Florian Klein (Labor für Experimentelle Immunologie), Dr. Christian Wagner-Ahlfs (BUKO Pharma-Kampagne)

Ort: Hörsaal der Frauenklinik, Kerpener Str. 34 (Eingang Robert-Koch-Straße)

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29. Mai 2017 9 Uhr TH Köln: Inhouse-Seminar zu Equitable Licensing

Vortragende: Dr. Christian Wagner-Ahlfs (BUKO Pharma-Kampagne) Weiterlesen ...

3. Mai 2017 Universität Düsseldorf: Podiumsdiskussion

Vortragende: Dr. med. Torsten Feldt (Oberarzt, Universitätsklinikum Düsseldorf), Dr. Christian Wagner-Ahlfs (BUKO Pharma-Kampagne)

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2. Mai 2017 20 Uhr Universität Bonn: Podiumsdiskussion

Vortragende: Prof. Dr. Achim Hoerauf (Universitätsklinikum Bonn), Dr. Christian Wagner-Ahlfs (BUKO Pharma-Kampagne)

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26. April 2017 19 Uhr Uni Duisburg-Essen: Podiumsdiskussion

Vortragende: Prof. Dr. Streeck (HIV-Institut), Dr. Christian Wagner-Ahlfs (BUKO Pharma-Kampagne) Weiterlesen ...

Das Beispiel Medicines Patent Pool

Steckbrief: Medicines Patent Pool MPP
Krankheiten: HIV, Tuberkulose, Hepatitis C
Bedeutung: HIV: Weltweit benötigen schätzungsweise 37 Millionen Menschen eine Behandlung ihrer HIV-Infektion, aber nur 15 Millionen erhalten die notwendigen Medikamente. Bei Kindern ist die Versorgung noch schlechter.
Tuberkulose: 9,6 Millionen Menschen weltweit sind an Tuberkulose erkrankt. Im Jahr 2014 starben 1,5 Millionen Erkrankte.
Hepatitis C: Nach Schätzung der WHO sind weltweit 130-150 Millionen Menschen mit dem Virus infiziert. Etwa 500.000 sterben jährlich an den Folgen. Am stärksten betroffen sind Ländern mittleren und niedrigen Einkommens.
Erfindung: Neue Medikamente für HIV, TB und Hepatitis C
Erfinder: National Institutes of Health (Darunavir), University of Liverpool (Solid Drug Nanoparticle (SDN) technology), John Hopkins University (Sutezolid), verschiedene Pharmaunternehmen
Entwicklung: Verträge mit 15 Lizenznehmern (Generika-Hersteller). Derzeit über 100 Produkte in der Entwicklung.
Finanzierung: Vollständige Finanzierung durch UNITAID. Die Gelder stammen von regulären staatlichen Beiträgen und aus Steuern auf Flugtickets oder CO2-Abgaben.
Verwertungsmodell: nicht-exklusive Lizenz, differential pricing
Patentpool: Mit nicht-exklusiven Lizenzen neue Arzneimittel entwickeln


Der Medicines Patent Pool (MPP) wurde 2010 gegründet, um die Entwicklung neuer HIV-Medikamente voranzubringen. Das Angebot war geprägt durch eine Vielfalt an Medikamenten mit einem Wirkstoff, während in der Therapie Kombinationen mehrerer Wirkstoffe verwendet werden. Ziel war es deshalb, aus den Wirkstoffen mehrerer Patenthalter möglichst unkompliziert die Entwicklung neuer Kombinationspräparate zu ermöglichen. Dazu gehören auch Zubereitungsformen und Dosierungen, die für Kinder geeignet sind. Alle Produkte sollten so günstig wie möglich und weltweit verfügbar sein.
Der Medicines Patent Pool ist eine unabhängige Stiftung mit Sitz in Genf. Die Gründung wurde von der Weltgesundheitsorganisation WHO empfohlen und von UNITAID umgesetzt. UNITAID übernimmt auch die Finanzierung. Hinter UNITAID verbirgt sich ein multinationales Projekt, das 2006 von mehreren Regierungen ins Leben gerufen wurde, um die weltweite Behandlung von HIV, TB und Malaria voranzubringen. Die Gelder stammen von regulären staatlichen Beiträgen und aus Steuern auf Flugtickets (z.B. aus Chile, Frankreich, Madagaskar, Mauritius, Niger, Republik Korea). Norwegen leitet einen Teil seiner Kohlendioxid-Steuer an UNITAID weiter.


Der MPP funktioniert als one-stop-shop. Der Patentpool ist zentraler Vermittler, über den alle Verträge unter transparenten Bedingungen abgewickelt werden. Patentinhaber bringen ihr Patent für einen Wirkstoff oder eine Technologie in den MPP ein. Der entsprechende Vertrag wird komplett online veröffentlicht. Wer ein Patent aus dem MPP nutzen will, um selbst ein Produkt zu entwickeln und auf den Markt zu bringen, schließt einen Nutzungsvertrag mit dem MPP. Dabei werden die Royalities festgelegt sowie die Länder, in denen die Produkte auf den Markt gebracht werden dürfen.
Bisher wurden Verträge mit 15 Lizenznehmern (Generika-Hersteller) abgeschlossen (Stand April 2017). Mit den Erfindungen aus dem Patentpool werden derzeit über 100 Produkten entwickelt. Aus dem Bereich HIV haben beispielsweise die Pharmaunternehmen für alle wichtigen HIV-Medikamente ihre Patente in den Patentpool eingestellt, um die Entwicklung neuer Produkte speziell für die Bedürfnisse ärmerer Länder zu ermöglichen.

how it works diagram

Abbildung: www.medicinespatentpool.org


Mehrere öffentlich finanzierte Forschungseinrichtungen beteiligen sich ebenfalls: Die US-amerikanischen National Institutes of Health steuern den HIV-Wirkstoff Darunavir bei, die University of Liverpool stellt die Solid Drug Nanoparticle Technologie zur Verfügung. 2017 unterzeichnete die John Hopkins University einen Vertrag für das Tuberkulosemedikament Sutezolid. Wenn Universitäten ihre Patente in den Medicines Patent Pool einbringen, ermöglichen sie die Entwicklung günstiger und bedarfsgerechter Medikamente.

Steckbrief: Hepatitis C-Diagnostik
Krankheit: Hepatitis C
Bedeutung: Weltweit ca. 150 Millionen Infizierte und ca. 350.000 Todesfälle jährlich auf Grund von Spätfolgen wie Leberkrebs und Leberzirrhose
Erfindung: neues Diagnoseverfahren ermöglicht Test von Blutkonserven auch in ärmeren Ländern
Kosten: 1/10 der marktüblichen Verfahren
Finanzierung: VolkswagenStiftung
Verwertungsmodell: Erfinder verzichten auf Exklusivrechte

Kategorie: Patentverzicht, Open access Publikation

Die Erfindung schafft neue Möglichkeiten in der Bekämpfung von Hepatitis C. Eine Diagnose-Methode erlaubt es, auch in ärmeren Ländern kostengünstig Blutkonserven auf Hepatitis C-Viren (HCV) zu testen. Wissenschaftler des Bernhard- Nocht-Instituts Hamburg und der Universität Bonn veröffentlichten 2009 ein Verfahren, das erstmals auch Erregertypen erfasst, die nicht aus Industrieländern stammen. An der Entwicklung waren ForscherInnen aus Brasilien, England, Schottland, Singapur und Südafrika beteiligt.
Die ForscherInnen haben das Diagnoseverfahren detailliert veröffentlicht. Die Publikation ist kostenlos im Internet abrufbar und kann weltweit frei von allen Unternehmen genutzt werden, die an der Herstellung interessiert sind. „Wer den Test anwenden möchte, kann bei uns zudem Kontrollreagenzien erhalten“, sagt Jan Felix Drexler, einer der verantwortlichen Wissenschaftler. Hepatitis C verläuft in den meisten Fällen zunächst unbemerkt, die chronische Erkrankung kann aber zu gefährlichen Spätfolgen wie Leberzirrhose oder Leberkrebs führen. Die Hauptverbreitung findet vermutlich über unsaubere Spritzen statt, daneben spielen Blutkonserven eine Rolle, weshalb sie in Europa und den USA standardmäßig auf HCV getestet werden. Die Tests sind in Entwicklungsländern nur unzureichend verfügbar: sie sind sehr teuer, und sie decken die weltweit verbreiteten Virentypen nur unzureichend ab.


Diese Lücke füllte 2009 das neue Testverfahren. Ein PCR-Assay (PCR = Polymerase Chain Reaction, ein Standardverfahren zur Vervielfältigung der Erbsubstanz DNA) arbeitet mit einem Bereich im Genom des HCV, die weltweit in vielen Genotypen vorkommt. Diese Stelle im Erbgut des Virus (die 3‘-X-tail-Region) konnten die WissenschaftlerInnen durch Analyse von 725 Proben aus vier Kontinenten identifizieren und sequenzieren – die Proben stammten aus Brasilien, Deutschland, Großbritannien und Singapur. In einem brasilianischen Labor bestätigte man die Eignung der Methode. Sie ist schnell und erfordert im Vergleich zu den bisher verfügbaren Verfahren nur einen geringen Laboraufwand. Deshalb ist sie auch in Regionen mit geringen Ressourcen gut einsetzbar. Sie erkennt verschiedene Virentypen mit der gleichen Zuverlässigkeit. Auch die Qualitätssicherung, die für eine gute Diagnostik wesentlich ist, kann gut in den Anwendungslabors durchgeführt werden, wie die Untersuchungen in Brasilien zeigten. Vor allem ist die Methode günstig. Während ein üblicher Test in Brasilien 100 US-Dollar und mehr kostet (Stand 2009), fallen für das neue Verfahren nur 9 US-Dollar Materialkosten an. Weitere 10 US-Dollar müssten als Lizenzgebühr an verschiedene Pharmaunternehmen gezahlt werden, denen Patente für das HCV-Genom gehören.

Im Gespräch mit Prof. Dr. Christian Drosten

Institut für Virologie am Universitätsklinikum Bonn

Herr Drosten, Sie haben eine Methode zur Diagnostik von Hepatitis C entwickelt und als Open Access Publikation veröffentlicht. Dafür bekommen Sie keine Lizenzgebühren?

Hepatitis C-Tests mit Lizenzgebühr gab es auch schon vor unserem Test. Die sind aber sehr teuer. Zum Zeitpunkt unserer Arbeit waren bereits etliche Bereiche des Hepatitis C-Genoms von großen Biotech-Unternehmen patentiert, aber das Genom noch nicht fertig beschrieben. Wir konnten neue Regionen identifizieren. Wir konnten auch zeigen, dass diese Regionen für die Diagnostik geeignet sind und das Verfahren auch in Entwicklungsländern angewendet werden kann. Darauf haben wir besonderen Wert gelegt. Lizenzforderungen für unsere Entwicklung wären sinnlos.

Warum haben Sie sich nicht für eine Patentierung entschieden, sondern für die Open Access Publikation?

Wir haben unsere Erfindung am Bernhard-Nocht-Institut in Hamburg gemacht, dort gemeldet und ganz korrekt prüfen lassen. Das schreibt das Arbeitnehmererfindungsgesetz vor. Die Prüfung ergab, dass eine Patentierung mit nachfolgender Lizenzierung nicht umsetzbar wäre. Der Schritt vom Wissen, das wir publiziert haben, zur technischen Umsetzung ist so klein, da könnten wir nicht kontrollieren, wer das benutzt.

Wurde Ihre Erfindung aufgegriffen? Sind Diagnostika mit Ihrer Technologie auf dem Markt?

Das kann ich nicht sagen. Aber die Reagenzien und Proben, die wir angeboten hatten, sind von sehr vielen Laboren angefordert worden.

Ist diese Open Access Publikation ein Einzelfall geblieben?

Nein, alle unsere Methoden sind industriell umsetzbar. Letztes Jahr haben wir die Daten und Methoden zum Corona-Virus veröffentlicht. In manchen Forschungsbereichen ist die Translation in die Anwendung schwierig, aber in unserem Bereich ist das sehr naheliegend. Es gibt regelmäßig Firmen, die unsere Protokolle und Materialien benutzen. Und wir haben ganz regelmäßig Anfragen von Firmen aus China, Indien oder Lateinamerika. Die lokalen Firmen bitten um technischen Rat oder um Kontrollmaterial. Sie haben ganz offensichtlich Interesse an einer Vermarktung, aber das prüfen wir nicht. Wir sind Wissenschaftler, und unser Interesse ist es nicht, Profit zu generieren.

Über Christian Drosten: Professor Dr. Christian Drosten ist Leiter des Instituts für Virologie am Universitätsklinikum Bonn.

Quelle: Pharma-Brief Spezial 1/2013

Das Beispiel Schlangengift-Diagnostik.

Steckbrief: Schlangengift-Diagnostik
Krankheit: Vergiftung durch Bisse von Giftschlangen
Bedeutung: vor allem in Süd- und Südostasien, Afrika und Lateinamerika problematisch. Schätzungen: Weltweit bis zu
94.000 Todesfälle. 74 Überlebende haben häufig schwere Gesundheitsschäden. Voraussetzung für schnelle Hilfe wäre eine geeignete Diagnose der Schlangenart, die aber nahezu weltweit fehlt
Erfindung: Schnelldiagnostik für Schlangengifte
Erfinder: Biodiversität und Klima Forschungszentrum (BiKF), ein Joint Venture der Goethe Universität Frankfurt und der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung; miprolab GmbH Göttingen; Department of Medical Research Myanmar
Lösung:

  • Entwicklung als non-profit- Projekt
  • Technologietransfer
  • Open access Publikation

Infos: http://www.bik-f.de

Kategorie: Entwicklung als non-profit-Projekt, Technologietransfer, Open access Publikation

Schlangenbisse sind eine große Gefahr für Menschen in tropischen und subtropischen Regionen. Zu den Todeszahlen gibt es keine genauen Angaben, da vor allem Menschen in ländlichen Gebieten mit schlechter medizinischer Versorgung betroffen sind. Bauern, Fischer und Menschen, die in offenen Hütten schlafen, kommen am häufigsten mit Schlangen in Kontakt. Aufgrund der hohen Bevölkerungsdichte sind Süd- und Südostasien am stärksten betroffen. Alleine in Indien sterben jährlich 46.000 Menschen am Biss einer Giftschlange. In Sri Lanka melden öffentliche
Krankenhäuser jedes Jahr 33.000 Opfer von Schlangenbissen.
Vergiftungen durch Schlangenbisse zählen zu den vernachlässigten Krankheiten. Obwohl prinzipiell Gegengifte (Antivenine) zur Verfügung stehen, sterben immer noch sehr viele Menschen oder tragen schwere Gesundheitsschäden davon. Unwissen in der Bevölkerung über das richtige Verhalten bei Schlangenbissen erschwert die Situation. Häufig werden die Betroffenen zu spät in eine Klinik gebracht, und Kosten können eine zusätzliche Barriere darstellen. Und ganz entscheidend: Um das richtige Gegengift verabreichen zu können, muss die Schlangenart genau bekannt sein. Eine Fehleinschätzung – und das Antivenin ist wirkungslos. Noch immer ist die Verbreitung vieler Giftschlangenarten nicht genau bekannt. Eine feldgeeignete Diagnostik für die Identifikation von Schlangenbissen existiert bisher nicht. Nur für Australien gibt es gesicherte Laborverfahren.


Am Biodiversität und Klima Forschungszentrum der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung (Frankfurt) wird derzeit eine neue Technik zur Identifizierung von Schlangenbissen entwickelt. Grundlage ist die richtige Zuordnung des Giftbisses über DNA-Spuren an der Bisswunde. Die Methoden erfordern Laborarbeit und sind momentan vor allem für die Forschung und für Kliniken geeignet. Ziel war deshalb, auch einen Schnelltest für Feldbedingungen zu entwickeln. Geeignete Technologie hierfür ist ein chromatographischer Test, der Schlangengift im Blut der Bissopfer nachweist (Antigen-basierte immun-chromatographische Lateral Flow Assays LFA). Die Brauchbarkeit der Methode wurde durch eine Studie mit einem Test auf das Gift der Kettenviper (Daboia siamensis) in Myanmar bestätigt. Weitere Studien zu unterschiedlichen Schlangenarten laufen in Bangladesch, Nepal und Nigeria an.

ulrich kuchIm Gespräch mit Dr. Ulrich Kuch

Biodiversität und Klima Forschungszentrum, Frankfurt

Herr Kuch, Sie haben einen Schnelltest zum Nachweis des Giftes der Kettenviper entwickelt. Wie finanzierten Sie die Entwicklung?

Der LFA-Test wurde von einem Joint Venture mit drei Partnern entwickelt: dem Biodiversität und Klima Forschungszentrum BiK-F aus Frankfurt, der miprolab GmbH aus Göttingen und dem Department of Medical Research von Myanmar. Jeder Partner hat seine Eigenmittel in das Projekt eingebracht.

Wem gehören die Ergebnisse?

Wir sind ein offenes Projekt. Jeder bringt seine Expertise und seine Mittel ein, und die gemeinsam geschaffenen Ergebnisse werden frei zugänglich publiziert. Sie stehen allen zur Verfügung.

Warum haben Sie auf Exklusivrechte verzichtet?

Anfangs haben wir diskutiert, ob wir patentieren sollen. Dann haben wir uns aber anders geeinigt. Ich finde, solche Informationen zu „essential diagnostics“, wie wir sie machen, müssen öffentlich verfügbar sein. Z.B. lehne ich auch die Patentierung von Gensequenzen ab.

Und das Unternehmen miprolab hat sich darauf eingelassen?

Ja, miprolab ist überzeugt, seine Interessen durch Qualität und durch Marktführerschaft zu vertreten. Man muss auch sehen, dass Myanmar ein Sprungbrett für weitere Märkte sein kann. Die Kettenviper (Daboia siamensis) ist in Asien weit verbreitet, von China bis nach Indonesien. Da besteht auch Bedarf für den Test.

Wird der Test schon produziert?

Bisher haben wir nur für Testzwecke produziert. Aber das Department of Medical Research hat schon die Geräte zur Herstellung angeschafft. Die LFA-Tests sollen in Myanmar hergestellt werden – das war Ausgangspunkt des Projektes. Das Gegengift ist immer Mangelware, und auch andere Giftschlangen lösen Symptome aus, die anfänglich denen der Kettenviper ähnlich sind. Durch die richtige Diagnose kann man Fehlabgaben vermeiden. Deshalb hat eine Kollegin aus Myanmar den Test hier mitentwickelt. Sie wurde bei miprolab geschult und ist nun mit fertigen Tests und dem Know-how zur Herstellung zurück nach Myanmar.

Arbeiten Sie an weiteren Diagnosetests?

Mit miprolab und weiteren akademischen Partnern entwickeln wir Tests für verschiedene Gifte aus Asien und Westafrika. In der Zukunft rechnen wir mit Konkurrenz verschiedener Hersteller. Da ist es unser Vorteil, dass wir wirklich Grundlagenforschung betreiben über die unterschiedlichen Gifte und die Verbreitung der einzelnen Arten. Und für die Qualität des Tests ist unsere klinische Validierung entscheidend.

Quelle: Pharma-Brief Spezial 1/2013

WIPO ReSearch vermittelt Kooperationen und Lizenzen

Steckbrief: WIPO Re:Search
Krankheit: Malaria, Tuberkulose und 19 vernachlässigte Krankheiten
Bedeutung: vernachlässigte Krankheiten betreffen vor allem Menschen in den ärmsten Ländern der Welt
Erfindung: Re:Search ist beim World Intellectual Property Office WIPO angesiedelt.
Partnerin: die Industrieinitiative BIO Ventures for Global Health
Lösung: Vermittlung von Lizenzen zwischen Forschungseinrichtungen und Unternehmen.
Kostenlose Nutzung für Anwendung in den 48 ärmsten Ländern der Welt
Infos: www.wipo.int/research/en/

Kategorie: nicht-exklusive Lizenzierung, royality free für vernachlässigte Krankheiten

Unter dem Namen Re:Search hat die oberste Patentbehörde WIPO 2001 ein Konsortium gegründet, um die Entwicklung von Medikamenten und Impfstoffen für Entwicklungsländer zu fördern. Gründungspartnerin ist die Industrieinitiative BIO Ventures for Global Health, die Weltgesundheitsorganisation WHO hat beratende Funktion.
Das Prinzip: Re:Search vermittelt Lizenzverträge zwischen öffentlichen Forschungseinrichtungen und Unternehmen. Die Anbieter von Patenten, klinischen Daten und anderem geistigen Eigentum erlauben die gebührenfreie Nutzung,
wenn Produkte gegen vernachlässigte Krankheiten entwickelt werden. Diese Regel gilt sowohl für die Forschung und Entwicklung als auch für die Herstellung der Produkte. Sie bezieht sich eindeutig nur auf die Versorgung der 48 ärmsten Länder der Welt (least developed countries LDCs).
Zu den Anbietern gehören mehrere multinationale Pharmaunternehmen. So hat AstraZeneca sein gesamtes Patent-Portfolio eingebracht. Dazu gehören beispielsweise Wirkstoffe, die bislang gegen Osteoarthritis entwickelt wurden. Die University of California, San Francisco (UCSF) wird diese Verbindungen auf ihre Eignung zur Behandlung von Schistosomiasis und Kinetoplasten untersuchen.
Die Universität in Dundee (Schottland) wird Substanzen von AstraZeneca, die als Alzheimer-Medikamente entwickelt wurden, bezüglich Chagas, Leishmaniose und Schlafkrankheit erforschen. Ein weiterer Vertrag wurde zwischen zwei Unternehmen geschlossen: Die südafrikanische Firma iThemab Pharmaceuticals hat Patente auf eine neue antibiotische Wirkstoffklasse, AstraZeneca wird die Entwicklung neuer Medikamente gegen Tuberkulose unterstützen.
Insgesamt beteiligen sich 32 öffentliche Forschungseinrichtungen und 10 Unternehmen als Anbieter (Stand 13.4.2013). Die geographische Spannweite ist groß und schließt neben europäischen und amerikanischen Einrichtungen auch Institute aus Asien, Afrika und Lateinamerika ein. Darunter finden sich die London School of Tropical Medicine, die University of Lagos (Nigeria), die National Institutes of Health (USA), aber auch Unternehmen wie Pfizer, GlaxoSmithKline und Novartis. Re:Search dient als Kontaktbörse: Über eine zentrale Datenbank auf der WIPO-Webseite kann man Wirkstoffe, Technologien und Dienstleistungsangebote recherchieren. WIPO und WHO beraten bei der Ausgestaltung der Verträge. Die Association of University Technology Managers (AUTM) und die Licensing Executive Society International (LESI) unterstützen die Initiative. Bisher wurden insgesamt 16 Vereinbarungen getroffen, weitere sind in Vorbereitung. Ein beteiligter Wissenschaftler sieht ein großes Potenzial für Universitäten: „ForscherInnen können ihre Forschung zu vernachlässigten Krankheiten oft nur bis zu einem gewissen Grad fortführen, dann stirbt das Projekt. Aber wenn man hochqualifizierte internationale PartnerInnen für die Weiterarbeit hat, kann plötzlich etwas attraktiv werden, das vorher nach sehr begrenzten Möglichkeiten aussah,“
so Dr. Dennis Liotta, Professor für Chemie an der Emory University.

Im Gespräch mit Tom Bombelles

World Intellectual Property Organization


Mr. Bombelles, welche Vereinbarungen wurden bisher über WIPO Re:Search unterzeichnet?

Unser Projekt startete 2011, wir sind also noch in einem frühen Stadium. Bisher gibt es 16 Kollaborationen unterschiedlicher Art – von ersten Verhandlungen über Material Transfer Agreements bis zum Austausch von Informationen. Wir sehen uns als Katalysator, der bereits laufende Verhandlungen beschleunigt und effektiver macht. Manche Vereinbarungen hätte es vielleicht auch ohne uns gegeben, aber WIPO Re:Search hat wichtige Anschübe gegeben. In anderen Fällen wäre es ohne WIPO Re:Search als Kontaktbörse erst gar nicht zu Verhandlungen gekommen.

Können Sie ein paar Beispiele geben?

Die Emory University (Atlanta, USA) stand bereits im Gespräch mit den National Institutes of Health, aber wir konnten neue Diskussionen anregen. Das Kumasi Center for Collaborative Research (Ghana) ist jetzt in Verhandlung mit der Stanford University (Kalifornien, USA), um Proben für die Erforschung von Wurfinfektionen zur Verfügung zu stellen. Dazu kam es nur durch WIPO Re:Search.

Wie bekommen Sie Unternehmen mit ins Boot?

Wir haben beispielsweise das US Pharmaunternehmen Merck & Co. Inc. mit der University of California, San Francisco (UCSF) zusammengebracht. Merck wird UCSF WissenschaftlerInnen einige pharmazeutische Wirkstoffe zur Verfügung stellen, um deren Eignung für Medikamente gegen Schistosomiasis zu untersuchen.
Diese Wirkstoffe wurden bereits mehrere Jahre an Menschen getestet. Wenn die ForscherInnen mit gut bekannten Verbindungen arbeiten können und Zugang zum klinischen Wissen und den Zulassungsdaten haben, bringt das enorme Vorteile und kann helfen, das „Tal des Todes“ zwischen Grundlagenforschung und klinischen Studien zu überbrücken. Studien der Phasen II und III liefern zusätzlich zur Wirksamkeit auch Informationen über Sicherheit und Risiken. Wenn man diese Daten von einer Firma erhält, unterstützt das andere WissenschaftlerInnen bei
der Entwicklung neuer Anwendungen.

Bieten auch Universitäten ihr geistiges Eigentum anderen NutzerInnen an?

Viele Universitäten, die Mitglied von WIPO Re:Search geworden sind, interessieren sich sowohl dafür, IP zur Verfügung zu stellen als auch anderes IP zu nutzen. WIPO Re:Search gibt es unter anderem auch dazu, neue Wege zur Erforschung von vernachlässigten Krankheiten, Malaria und TB zu ermöglichen. Privatunternehmen, zumindest die großen Pharmakonzerne, sind nicht sonderlich an der Entwicklung von Medikamenten gegen diese Krankheiten interessiert. Aber sie bieten Anderen Unterstützung an, z.B. beim Screening von Verbindungen. Universitäten sind gut
in der Grundlagenforschung, aber nicht so sehr in der Produktentwicklung. Deshalb hilft WIPO, beides zusammenzubringen.

Die Patentverwertungsagenturen der Universitäten sind verpflichtet, die Erfindungen zu Geld zu machen. Wie können Sie eine Universität dazu motivieren, an einem Projekt für vernachlässigte Krankheiten mitzumachen, wo keine Gewinne zu erwarten sind?
 
Wir haben bereits etliche Universitäten aus Afrika, Europa und den USA als Mitglied, offenbar machen wir unsere Arbeit gut. Und unsere Leitlinien bieten auch Möglichkeiten, Geld zu erwirtschaften. Re:Search beschäftigt sich mit 19 vernachlässigten Krankheiten plus Malaria und TB. Lizenzen für Forschung und Entwicklung sowie die Produktion müssen für alle Lizenznehmer weltweit gebührenfrei sein. Aber Verkaufslizenzen müssen zumindest in den Least Developed Countries gebührenfrei sein. Verkaufslizenzen in anderen Ländern müssen nicht unbedingt umsonst sein. Somit kann eine Einnahme geschaffen werden, denn Malaria, TB, Dengue und einige andere Krankheiten haben in weit mehr Ländern potenzielle PatientInnen.

Quelle: Pharma-Brief Spezial 1/2013

Das Beispiel ASAQ, ein Malaria-Medikament

Steckbrief: ASAQ – ein Malariamedikament ohne Patent
Krankheit: Malaria
Bedeutung: geschätzte 219 Millionen Erkrankungen weltweit, 660.000 Todesfälle, davon 90% in Afrika
Erfindung: ASAQ, eine Fixed-Dose Kombination aus Artesunate und Amodiaquine
Wer: Université de Bordeaux, Universiti Sains Malaysia, Centre National de Recherche et de Formation sur le Paludisme (Burkina Faso), University of Oxford (Großbritannien), Drugs for Neglected Disease Initiatiative (Schweiz), Sanofi- Aventis, div. kleinere Unternehmen
Finanzierung: hauptsächlich durch öffentliche Geldgeber
Kosten: 6,4 Millionen Euro
Verwertung: Verzicht auf Exklusivrechte

Kategorie: Entwicklung ohne Patent

Die Ausgangssituation war ungewöhnlich: Das Projekt ASAQ sah vor, ohne kommerziellen Anreiz, aber mit öffentlichen Geldern ein neues Medikament zu entwickeln. Dabei sollte auf jede Art von geistigen Schutzrechten verzichtet werden. Das Medikament ASAQ wurde gezielt gegen eine Krankheit entwickelt, bei der das kommerzielle Interesse sehr gering ist. Malaria betrifft vor allem Menschen in den armen und ärmsten Regionen der Erde. ASAQ wurde zwischen 2002 und 2007 in einer Kooperation zwischen Universitäten, gemeinnützigen Einrichtungen und Pharmaunternehmen entwickelt. Das Projekt wurde so zum Pionier für eine neue Form der Forschungszusammenarbeit: die Product Development Partnership. ASAQ wurde als Gemeingut konzipiert und darf überall als Generikum hergestellt werden.


Treibende Kraft für das Projekt war ein Expertenteam, das sich 1999 auf Betreiben der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen zusammengefunden hatte. Die Drugs for neglected diseases working group (seit 2003 als Stiftung Drugs for Neglected Diseases Initiative DNDi) suchte nach Möglichkeiten, um die Forschungs- und Versorgungslücke bei vernachlässigten Krankheiten zu schließen. Malaria ist eine typische vernachlässigte Krankheit, die massiv in tropischen und subtropischen Regionen auftritt. Die Weltgesundheitsorganisation identifizierte Ende der 1990er Jahre drei wesentliche Herausforderungen: Resistenz der Erreger gegen die gängigen Medikamente; die Medikamente sind für viele Menschen viel zu teuer; und es fehlte an Produkten, die speziell für Kinder und Babies geeignet sind. Als Lösung wurde die Entwicklung von Präparaten empfohlen, die auf Artemisinin basieren und zwei Wirkstoffe miteinander kombinieren. Koordiniert wurde das Projekt ab 2003 von der Drugs for Neglected Diseases Initiative DNDi, einer virtuellen Forschungseinrichtung mit Partnerinnen in vier Kontinenten. Die technologische Herausforderung bestand darin, die beiden Wirkstoffe stabil in einer Tablette miteinander zu kombinieren. Dieses Verfahren wurde von den französischen Projektpartnerinnen entwickelt (u.a. Université Bordeaux, Bordeaux Krankenhaus und Ellipse Pharmaceuticals). Die deutsche Rottendorf Pharma übertrug den Produktionsprozess vom Labor in industrielle Maßstäbe. Das Pharma-Unternehmen Sanofi-Aventis führte die präklinischen Studien (Tierversuche) durch und erstellte die Unterlagen, die für die Zulassung von ASAQ in mehreren afrikanischen Ländern notwendig waren.


Die Gesamtkosten der Entwicklung beliefen sich auf 6,4 Millionen Euro. Die Gelder stammten überwiegend aus öffentlichen Töpfen. Die Startfinanzierung für die ersten Laborarbeiten übernahm die Weltgesundheitsorganisation (WHO/ TDR), das Forschungskonsortium wurde von der Europäischen Kommission finanziert (FP5-Förderung). Weitere Geldgeber vor allem für die klinischen Studien waren Einrichtungen der Entwicklungszusammenarbeit (DFID Großbritannien, DGIS Niederlande, AFD Frankreich u.a.). Für die beteiligten Unternehmen war das finanzielle Risiko im Fall eines Scheiterns gering: das Risiko trugen die ursprünglichen Geldgeber DNDi und die Europäische Kommission.
Für die geistigen Eigentumsrechte wurden von Anfang an klare Vereinbarungen getroffen. Entsprechend der DNDi Intellectual Property Policy 50 sollte das Medikament als öffentliches Gut entwickelt werden, Ziel war schließlich die größtmögliche Verbreitung des Produkts in Entwicklungsländern. Allerdings bekam Sanofi-Aventis für den Zeitraum 2005-2007 ein zeitlich begrenztes Exklusivrecht für Produktion und Kommerzialisierung. Mit der Registrierung von ASAQ wurde die Exklusivität wieder aufgehoben und seither dürfen es auch andere Firmen produzieren.

Das Medikament ist inzwischen in 30 afrikanischen Ländern, Indien, Bangladesch und Kolumbien registriert. Sanofi-Aventis vertreibt ASAQ unter dem Markennamen Coarsucam® für den Privatmarkt. Für den öffentlichen Sektor ist das Produkt ASAQ Winthrop® bestimmt. Eine 3-Tagestherapie kostet für Erwachsene weniger als 1 US-Dollar, für Kinder weniger als 0,50 US-Dollar. Die Preisgestaltung folgt dem Prinzip „not profit – no loss“, der Hersteller gibt die Medikamente kostendeckend ab. Da zum Zeitpunkt der Zulassung die Kosten für Forschung und Entwicklung komplett abgedeckt waren, ist eine Re-Finanzierung dieser Kosten über eine Marktexklusivität nicht mehr nötig. ASAQ hatte mit dieser Preispolitik eine Signalwirkung, denn infolge haben auch andere Unternehmen die Preise für ihre Malariamedikamente deutlich gesenkt.

jean rene kiechelIm Gespräch mit Dr. Jean-René Kiechel

Drugs for Neglected Diseases Initiative DNDi (Genf)

Herr Kiechel, warum haben Sie beim ASAQ-Projekt auf Patentschutz verzichtet?

Wir wollten, dass ein Produkt, welches mit öffentlichen Geldern entwickelt wird, nicht durch ein Patent geschützt wird. Unsere Hoffnung war, so die Verfügbarkeit von „Generika“ zu fördern. Mit demselben Ziel haben wir den Artikel veröffentlicht, der die Entwicklung der Fixed-Dose-Kombination beschreibt. Die Frage des Preises – die Bezahlbarkeit – war auch ein wichtiges Element in der Entwicklung und in den Vereinbarungen mit dem Industriepartner.

Und die Industriepartner haben diese Strategie akzeptiert?

Ja, nachdem sie die Gründe für diese „Policy“ verstanden hatten. Und sie wollten die Sicherheit, dass eine Kopie nicht beginnen würde, bevor die erste ASAQ Fixed-Dose-Kombination verfügbar ist.

Hat diese Strategie für die Regelung der Eigentumsrechte das Ziel erreicht? Wird ASAQ mittlerweile auch von anderen Unternehmen hergestellt?

Ja, außer Sanofi Aventis sind zwei Varianten erhältlich. Die Variante vom indischen Unternehmen IPCA ist mittlerweile von der Weltgesundheitsorganisation präqualifiziert.

Handelt es sich bei ASAQ um eine einmalige Geschichte, oder gibt es inzwischen weitere Projekte nach dem Schema der Nicht-Exklusivität?

Für eine andere Artemisinin-basierte Kombinationstherapie haben wir den gleichen Ansatz gewählt. Für ASMQ gibt es zwei Produktionsanlagen und einen präqualifizierten Hersteller.

Quelle: Pharma-Brief Spezial 1/2013

 

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